Salzburg: Martinů und Berlioz zündend und poesievoll beim letzten Orchesterkonzert der Osterfestspiele

Xl_zukermann-hrusa-santa_cecilia-salzburg-3-24 © Helmut Christian Mayer

Tief beeindruckt zeigte sich Bohuslav Martinů im Jahre 1954 bei einer Reise nach Arezzo von dem Freskenzyklus in einer dortigen Chorkapelle, weswegen er ein Jahr später das Orchesterwerk „Les Fresques de Piero della Francesca“ komponierte. In seiner bunten, geheimnisvollen Atmosphäre der Musik widerspiegelt sich die  fremdartig anmutende friedliche aber auch aufwühlende Poesie der Bilder. Im zweiten Orchesterkonzert der Salzburger Osterfestspiele wurde das Stück, das übrigens 1956 bei den Salzburger Festspiele uraufgeführt wurde, vom Orchestra dell‘Accademia Nazionale Cecilia unter ihrem ersten Gastdirigenten Jakub Hrůša mit großer Feinsinnigkeit und reich an Akzenten im Großen Festspielhaus aufgeführt.

Zuvor und danach stand Hector Berlioz am Programm: Zu Beginn wurde der „Le carnaval romain“ (Der Römische Karneval) mit Volksfestatmosphäre, federnden Rhythmen, überschäumender, südländischer Lebensfreude und einem sehnsuchtsvollen Solo des Englischhorns wunderbar musiziert. Nach der Pause dann: „Harold en Italie“, eine Symphonie für vier Sätze mit Solobratsche, wobei sich Berlioz plakativ auf den Spuren des englischen Dichters Lord Byron und seinem Gedicht „Childe Harold’s Pilgrimage“ bewegte, allerdings ohne Programmmusik zu komponieren. Die Symphonie hat zudem eine besondere Geschichte: Nach Fertigstellung der „Symphonie fantastique“ erhielt Berlioz von Paganini den Auftrag, ein Konzert für dessen neue Stradivarius-Bratsche zu komponieren. Berlioz legte ein überraschend unorthodoxes Werk vor, das er „Symphonie mit Solobratsche“ nannte. Die Solopassagen waren Paganini jedoch nicht umfangreich genug, so dass er den Auftrag zurückzog. Berlioz setzte unbeirrt die Arbeit fort. Die eingängige Musik erzählt genau genommen von Berlioz, der sich selbst als ein Harold sieht. Und die Aufgabe der Solo-Bratsche war es, dieses komplexe lyrische Ich zu verkörpern voll von persönlichen Erlebnissen bei Wanderungen durch die Abruzzen, während das Orchester die Welt darstellte, durch die der Künstler wandelte. Die Bratsche reagierte auf das Orchester, also quasi auf die Sinneseindrücke während der Wanderung, sie blieb sich selbst aber stets treu und spielte gern immer wieder dasselbe Thema, ein Ohrwurm im Dreivierteltakt, das im ersten Satz, nur von der Harfe begleitet, vorgestellt wurde. Berlioz gelang es meisterhaft, die Solostimme wie über dem Orchester schwebend einzusetzen. Diese nicht mit extremer Virtuosität und nicht allzu großem Umfang ausgestattet, wurde von Pinchas Zukermann mit größtmöglicher Tonreinheit und subtilen Klängen gespielt. Ungemein reich an Schattierungen und Farben musizierte dabei auch das römische Orchester.

Wieder Riesenapplaus!

Dr. Helmut Christian Mayer

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