Es herrscht immense Hektik im Haus des reichen Mannes. Ständig stürmen Menschen durch Türen in den Vorraum herein oder hinaus. Diese Unruhe setzt sich bei Richard Strauss „Ariadne auf Naxos“, der Eröffnungspremiere am Salzburger Landestheater, auch in der pausenlos folgenden Oper fort. In recht nüchtern ausgestatteten Räumen (Bühne: Simeon Meier) mit Art-Déco aber auch modernen Elementen sind fast ständig alle Personen in einem Kostüm-Mischmasch (Su Bühler) aus der Entstehungszeit der Oper bis hin zu Pop-Art auf der Bühne anwesend, wobei die Harlekin-Truppe in Glitzer- oder Plüschgewändern teils mit Mikros und Kopfhörern ausgestattet ist. Sie debattieren, turnen herum oder ziehen sich um. Alexandra Liedtke lässt auch die Oper zuerst nur im hinteren Salon, der sich erst später vollständig öffnet, auf einem Bänkchen stattfinden. Dazu erfindet sie ständig Nebenhandlungen, so auch Beziehungsgeschichten. Ständig wird fotografiert. Bacchus erscheint auf einem riesigen schwarzen, von oben heruntergelassenem Stein, der wie ein Meteorit auszieht. Die deutsche Regisseurin legt ihren Schwerpunkt auf das Komische dieses Opernzwitters, lässt das Ernsthafte außer Acht nimmt aber leider dem Ganzen jegliche Poesie.
Im Mittelpunkt steht, auch stimmlich, Zerbinetta: Alina Wunderlin singt die mörderisch schwere Partie mit großer Flexibilität und blitzsauberen Koloraturen. Betsy Horne singt die Titelheldin mit blühenden Bögen im Piano wunderbar, im Forte lässt sie jedoch ein starkes Vibrato hören. Erstaunlich wie Franz Supper, ein Urgestein des Hauses, den Bacchus singen kann: In allen Lagen klingt seine Stimme warm und kultiviert, alle Spitzentöne sind da. George Humphreys ist ein spielfreudiger, angenehm timbrierter Musiklehrer. Olivia Cosió schafft den Komponisten mit schönen Tönen in den tieferen Registern, in der Höhe wird sie etwas scharf. Gut besetzt sind auch die kleineren Partien mit Andrew Munn (Truffaldin), Manuel Günther (Brighella), Luke Sinclair (Tanzmeister/Scaramuccio) und Samuel Pantcheff (Harlekin) wie auch Laura Incko (Najade), Anat Czarny (Dryade), Victoria Leshkevich (Echo). Matthias Hermann ist hier kein Haushofmeister, sondern gleich der Mäzen und Hausherr, dessen Sinnhaftigkeit sich allerdings nicht erschließt, weswegen der Text auch verändert wurde.
Beim Chefdirigenten Leslie Suganandarajah am Pult des Mozarteumorchesters Salzburg hört man viel feine Ironie aber auch die erhabenen Momente der Partitur. Alles ist sorgsam durchgeformt, immer durchsichtig und mit kammermusikalisch delikatem Raffinement, aber auch effektvoll aufrauschenden Klängen zu hören.
Großer Jubel!
Dr. Helmut Christian Mayer
22. September 2021 | Drucken
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