Salzburger Festspiele: Mahlers "Sechste" extrem leidenschaftlich vom Bayrischen Rundfunkorchester unter Simon Rattle

Xl_rattle-bayern-c-marco-borrelli-salzburg-8-24-1 © Marco Borelli

„Von der inspirierenden Seenlandschaft bis hin zur Seelenlandschaft: Das beschreibt Gustav Mahler in seiner 6. Symphonie, die er in den Sommermonaten 1903/1904 im Komponierhäuschen in Maiernigg in Kärnten direkt am Wörthersee geschrieben hatte. Er vollendete hier seine „Vierte“, komponierte die Symphonien Nr. 5, 6 und 7 zur Gänze und teilweise die „Achte“ sowie einige Lieder. 

„Sie ist die Summe all des Leidens, das zu ertragen, ich vom Leben gezwungen bin“, hat sich Gustav Mahler einst gegenüber einem Freund geäußert. Einmal mehr hat er in einem Werk die innere Überspannung seiner Gefühle in exzessiven musikalischen Entladungen abreagiert.  Und tatsächlich entfaltet die „Sechste“ mit dem Beinamen „Tragische“ vor allem Düsteres und Deprimierendes bis zur Ausweglosigkeit, so als ob er seine Schicksalsschläge vorausgeahnt hätte. Denn bald danach kamen das Ende seiner Stellung als Hofoperndirektor, die Diagnose seines Herzleidens und der Tod seiner Tochter Anna.

Vielfach wird das Werk als Mahlers persönlichstes gesehen. Auf Grund ihres Rufes als „schwierig“ in Rigorosität und Härte der Musiksprache für Orchester und Publikum wird die Symphonie nur selten aufgeführt. Allein 822 Takte zählt der Finalsatz mit seiner niederschmetternden Gewalt. Zwei dröhnende Hammerschläge im Finalsatz symbolisieren das ausweglose Schicksal. Selbst für Mahler ist das Orchester ungewöhnlich und riesig besetzt: Mehrfach besetzte Bläser und ein überreicher Gebrauch von Schlaginstrumenten. Lediglich das Andante mit seiner ausdrucksvollen, weit ausschwingenden Violinweise schafft anfänglich einen Ruhepol, wird aber auch bald mehr und mehr vom Auf und Ab eines wogenden Espressivo zersetzt.

All dies wurde vom Bayrischen Rundfunkorchester unter ihrem Chefdirigenten Sir Simon Rattle beim Finalkonzert der Salzburger Festspiele im Großen Festspielhaus zu erleben. Trotz der Riesenbesetzung waren alle Feinheiten wunderbar hörbar und durchhörbar zu erleben. Einmal mehr erwiesen sich die Musikerinnen und Musiker in allen Instrumentengruppen auch solistisch als exzellenter Klangkörper, der sich durch hohe Präzision und perfekte Intonation auszeichnete. Mahlers Klangewalten erklangen unter dem suggestiven und fordernden Dirigat von Rattle stets spannungsgeladen in einer reichen dynamischen und farbigen Palette.

Stehende Ovationen!

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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