Salzburger Landestheater: Webers „Freischütz“ in Salzburg: Und immer wieder lockt das Böse

Xl_freisch_tz-andreas_mattersberger-luke_sinclair-__tobias_witzgall-salzburg-11-24-3 © Tobias Witzgall

Er ist omnipräsent: Im roten, bodenlangen Webpelz, meist mit zynischem Grinsen herumlungernd und beobachtend, zwischen den Arkaden oder am extra errichteten, langen Steg schreitend, der sich quer über die Bühne spannt, schreitend, grell auflachend, wenn von Gott die Rede ist, beim Tanz mit der Geige aufspielend, als Verführer Agathe umkreisend mit einer roten Rose, extrem dämonisch in der Wolfschlucht-Szene. In Carl Maria von Webermystischer Jägeroper "Der Freischütz" erliegt, wie so manche Kollegen schon vor ihm, Regisseur Johannes Reitmeier auch der Versuchung, Samiel, den schwarzen Jäger, den Teufel, das Böse schlechthin in den Mittelpunkt zu stellen. Dieser zieht die Fäden des Geschehens und spinnt seine diabolischen Intrigen. Meist ist er stumm und wird von Georg Clementi lässig, lasziv und böse gespielt. Nur der deutsche Regisseur, bis vor kurzem war er Intendant des Tiroler Landestheaters, setzt ihn etwas zu viel ein und lässt ihn vom eigentlichen Geschehen zu sehr ablenken.

Die riesige Bühne der Felsenreitschule wird in dieser Produktion des Landestheaters Salzburg von einer schwarz-weißen Zielscheibe dominiert, aber nicht nur am Boden, sondern auch in den Arkaden der Felsenreitschule sind mehrere stilisiert zu sehen. Wer diese Scheibe im düsteren Bühnenbild von Thomas Dörfler mit den seitlich abgestorbenen Bäumen, betritt, steht im Fadenkreuz des Teufels Samiel. Ansonsten ist Reitmeiers Regie auf der Breitwandbühne, auf der sonst wenig passiert, abgesehen von zu oftmaligem Herumfuchteln von Gewehren, schlüssig und konventionell, sogar teils etwas bieder. Recht gruselig gelingt ihm hingegen die Wolfschlucht-Szene. Hier lässt Reitmeier den braven, auf Abwege geratenen Max die Freikugeln nach dem Genuss eines Tranks hervorwürgen.

Dieser wird von Luke Sinclair exzellent gespielt, nur sein Tenor ist für riesigen Ausmaße der Felsenreitschule zu klein. Athanasia Zöhrer hingegen singt als Agathe raumfüllend mit wunderbarer Innigkeit und mit vielen Nuancen im Raum schwebend. Manchmal übertreibt sie etwas mit ihrer Mimik. Nicole Lubinger ist ein flexibles, höhensicheres Ännchen. Bariton Andreas Mattersberger als Kaspar überzeugt voll und ganz, mit seinem kernigen Bariton. Er interpretiert die Rolle nicht plakativ böse, sondern als komplex zerrissenen Charakter. Martin Summer singt den etwas verlotterten, graubärtigen Eremiten mit balsamischer Weichheit. Etwas abfallend in Gesang und vor allem in szenischer Gestaltung wirkt Daniele Macciantelli als farbloser Erbförster Kuno. Yevheniy Kapitula ist ein idealer, aalglatter und schneidiger Böhmenfürst. Der Kilian des George Humphreys klingt sehr erfrischend. Der Chor des Salzburger Landestheaters gefällt durch Homogenität und voller Sangesfreude, insbesondere beim berühmten Jägerchor.

Leslie Suganandarajah dirigiert das Mozarteumorchester Salzburg mit Kraft und Energie, weiß aber auch viel Lyrismen und orchestralen Glanz hervorzulocken.

Und unbehelligt von dem Ganzen lockt der hinterfotzige Samiel in Reitmeiers Inszenierung bis zur letzten Szene weiter.

Viel Jubel im Publikum für alle Beteiligten!

Dr. Helmut Christian Mayer

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