Salzburger Pfingstfestspiele: Szenische Langeweile gegen musikalische Intensität bei Glucks „Orfeo ed Euridice“

Xl_orfeo_ed_euridice-salzburg-5-23-1 © Monika Ritterhaus

„Passions de l’ame“ („Die Leidenschaften der Seele“): So lautet das Motto der heurigen Salzburger Pfingstfestspiele. Damit nahm man auch Bezug auf den Orpheus-Mythos, weswegen auch Christoph Willibald Glucks Oper „Orfeo ed Euridice“ im Haus für Mozart zweimal gezeigt wurde. Dabei wurde die eher selten aufgeführte Parma Fassung gewählt, ergänzt mit mehreren Szenen der Wiener Urfassung und der Pariser Fassung. Eingefügt wurde der Furien Tanz. Man ließ aber das fine lieto, der in Wien 1762 uraufgeführten Oper aus. Also ein tragisches Ende ohne Happyend.

Und man startet statt mit der heiteren Ouvertüre gleich mit der Totenklage, mit der auch alles endet: Christof Loy lässt die „Azione teatrale per musica“ ohne Musik beginnen, mit dem stillen, langsamen Erscheinen der zwölf Tänzerinnen und Tänzer, noch bevor die Musik einsetzt. Wie er überhaupt viel bewegungsreiches und beeindruckendes Ballett einsetzt, während die übrige Szene eher statisch wirkt. Eigentlich ist er diesmal ein besserer Choreograph als ein Regisseur. In schwarz-weißen einfachen Kostümen (Ursula Renzenbrink) einem eher düsteren, altmodischen mit braunem Holz getäfelten Saal sieht man viele Treppen. Treppauf geht es in die Unterwelt über ein weißes, sich öffnendes Tor, oder in den Graben (Johannes Leiacker) hinunter, wo der Chor überwiegend sitzend singt. In seiner völlig konventionellen, wenig ertragreichen Inszenierung will der deutsche Regisseur nicht nur das tragische Liebesdrama zeigen, sondern auch Grundsatzfragen stellen. Trotz der pausenlosen Fassung von nur 90 Minuten wirkt die Szenerie als Ganzes sehr bewegungsarm und langatmig.

Dass der Abend trotzdem packend wird, dafür sorgt einmal mehr Cecilia Bartoli als Orfeo. Die italienische Sängerin ist auch Künstlerische Leiterin der Pfingstfestspiele und mittlerweile auch Intendantin der Oper von Monte Carlo. Darstellerisch und sängerisch ungemein intensiv zeigt sie eine reiche Gefühlspallette von großer Freude bis zum unerträglichen Schmerz und einen enormen Farbenreichtum. Sie weint und kämpft verzweifelt um ihre geliebte, verblichene Euridice. Diese kurze Rolle wird von Mélissa Petit sehr feinsinnig und glasklar gesungen. Madison Nonoa ist ein leichter und sauberer Amor.Glucks Reformoper ist auch eine Choroper: Der Kammerchor Il Canto di Orfeo (Einstudierung: Jacopo Facchini) weiß ausbalanciert und klangschön zu überzeugen.

Les Musiciens du Prince - Monaco unter Gianluca Capuano musizieren ungemein feinnervig, delikat und reichschattiert sowohl bei den pastoralen Idyllen wie auch bei den einnehmenden Trauerklagen. Zum Finale klingt das Werk sehr geschmackvoll in einem immer leiser werdenden und bald kaum mehr hörbaren Pianissimo aus, während das Bühnenlicht langsam erlischt.

Großer Jubel!

Im Anschluss wurde Cecilia Bartoli von der Staatssekretärin für Kultur Andrea Mayer auf offener Bühne der Titel Österreichische Kammersängerin verliehen.

Dr. Helmut Christian Mayer

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