Wer hat eigentlich schon einmal etwas von Ningbo gehört? In unseren Breiten wohl kaum jemand. Und dabei hat die Küstenstadt in Ostchina, nicht weniger als 9,5 Millionen (!) Einwohner. Von dort stammt das Ningbo Symphony Orchestra, das auf seiner Europa-Tournee nach seinem kürzlichen Auftritt beim Ljubljana Festival jetzt in der Blumenhalle in St. Veit/Glan in Kärnten zu hören war. Der Musikverein für Kärnten machte dieses Gastspiel möglich, weswegen dessen künstlerischer Leiter Ernest Hoetzl zu diesem außergewöhnlichen Konzert auch sehr informativ einführte.
„700 Jahre Marco Polo“ war das Motto dieses Konzertes, der Todestag des großen Entdeckers und Weltreisenden aus dem 13. Jahrhundert jährte sich heuer im Jänner zum 700. Mal. Und deshalb hörte man Werke, die am Anfang und am Ende der sogenannten „Seidenstraße“ geschaffen wurden. Zuerst begann man allerdings mit der Musik aus dem Film „Marco Polo“ vom großen Filmkomponisten Ennio Morricone. Es erwies sich als ein sehr ruhiges, kurzes Stück ohne Höhepunkte, das nur mit tiefen Streichern besetzt war.
Richtig in seinem Element war das auffallend jung besetzte Orchester unter dem stets mit großen Gesten animierenden Dirigenten Ji Yu bei dem Konzert für Streicher und Pipa vom sehr bekannten, zeitgenössischen, chinesischen Komponisten Tan Dun. Das mäßig moderne Stück, von Rhythmus und Repetitionen sowie den typischen asiatischen Klängen wie schleifenden Intervallen dominiert, angereichert mit Stampfen und Rufen, wurde akzentreich und lebendig wiedergegeben. Die Pipa, das ist eine hell klingende, Schalenhalslaute, die eigentlich ursprünglich aus Persien stammt, wurde von der Solistin Yuanchun Yu hochvirtuos bedient. Fallweise ging sie jedoch etwas im Orchester unter. Für den riesigen Applaus bedankte sie sich mit einer extrem diffizilen solistischen Zugabe!
Als „Apotheose des Tanzes“ bezeichnete kein Geringerer als Richard Wagner einst die von ihm sehr geschätzte 7. Symphonie von Ludwig van Beethoven. Diesem idealisierenden Prädikat hatten sich Musiker und Dirigent so ziemlich angenähert: Mit nie erlahmender Energie wusste der Dirigent die Musiker aufzustacheln und zu Hochleistungen zu animieren. Man erlebte eine reiche Dynamik, teils aber im oberen Phonbereich, differenzierte Klanggewalt beim berühmten Trauermarsch und zugespitzte Tempi speziell in den schnellen Sätzen.
Als Zugabe erklang dann noch der „Tanz der Yao“, chinesische Volksmusik für ein Symphonieorchester arrangiert, der überraschend von Ernest Hoetzl selbst dirigiert wurde! Stehende Ovationen!
Dr. Helmut Christian Mayer
01. August 2024 | Drucken
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