Zum Schluss war man schlichtweg überwältigt: Vom unglaublichen symphonischen Kosmos, den Gustav Mahler in seiner 3. Symphonie -1895/96 in Hamburg und vor allem hauptsächlich in den Sommermonaten am Attersee entstanden – entwickelt. Überwältigt von einem revolutionären Mammutwerk, eine Hymne auf die Schöpfung, das seinerzeit alle Formen sprengte. Überwältigt ganz besonders von einem Final-Adagio mit Gänsehautfaktor und einer unbeschreiblichen Weite und Schönheit des Symphonisch-Melodischen sowie einer fulminanten Steigerungsdramaturgie bis zum gewaltigen Schluss. „Meine Symphonie wird etwas sein, was die Welt noch nie gehört hat“: meinte der Komponist auch dazu.
Und dass man dies im Goldenen Musikvereinssaal in Wien genauso hören konnte, verdankt man zweifellos der Sächsischen Staatskapelle Dresden unter Christian Thielemann, denen es gelang, bei diesem Mammutwerk von rund 100 Minuten mit rund 150 Mitwirkenden: Altsolo, Frauen und Knabenchor und riesiger Orchesterbesetzung, die kühne Klang- und Tempoarchitektur mit sagenhafter Genauigkeit zu musizieren. Hier wurde die unterschiedlichste Dynamik extrem ausgereizt und, sich Zeit lassend, die ständigen Spannungsgegensätze packend gestaltet. Die Staatskapelle verfügte über einen langem Atem und war in Topform, wobei die traumhaft sichere Soloposaune, der Solotrompeter aus dem Off und die Hörner besonders hervorzuheben sind.
„O Mensch gib acht“: Fasziniert lauschte man dem Altsolo von Christa Mayer, die die fast sakral anmutenden, ernsten Klänge, aus Friedrich Nietzsches „Zarathustra“ ungemein beseelt, mit feiner Weichheit und exemplarischer Wortdeutlichkeit ihrer prächtigen Stimme sang. Naturlaute klangen immer wieder hinein, ein musikalisches Misterioso, dem ausgefallene instrumentale Kombinationen das Kolorit des Geheimnisvollen gaben. Dann sangen Damen des Wiener Singvereins und den Wiener Sängerknaben die von der Empore sangen, mit kecker Kindlichkeit zu den Glockenklängen.
Großer Jubel für ein Ereignis!
Dr. Helmut Christian Mayer
20. Juni 2023 | Drucken
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