Einst war Taggenbrunn, in der Nähe von St. Veit/Glan in Kärnten gelegen, eine beeindruckende, feste Burg. Im Lauf ihrer achthundertjährigen Geschichte verfiel sie zusehends, bis schließlich nur mehr traurige Reste von pflanzenumwucherten Steinmauern daran erinnerten. Es war 2011, als die Ruine in den Besitz der Unternehmerfamilie Riedl überging, die mit einer aufwändigen Restaurierung begann und nun der Burg neues Leben einhauchte. Herzstück ist ein 600 Personen fassender neuer Saal, der Alt und Neu geschickt und stimmungsvoll verbindet, mit erstaunlich guter Akustik, in dem jetzt die Taggenbrunner Festspiele mit hochkarätigen Künstlern eröffnet wurde.
„Wenn du es wüsstest, was träumen heißt, von brennenden Küssen…du neigtest Dein Herz“: Es war zweifellos ein musikalischer Höhepunkt, als Camilla Nylund zum Finale mit großer Leidenschaft das Lied „Cäcilie“ neben anderen ausgewählten Liedern, etwa das innige „Morgen!“, von Richard Strauss sang. Aber dies war bei weitem nicht das einzige Highlight des ersten Konzertes im neuen Festsaal in der wunderbar restaurierten Burg Taggenbrunn mit herrlichem Blick auf die Stadt St. Veit/Glan. Denn die finnische Starsopranistin, die erst unlängst an der Wiener Staatsoper die Kaiserin in „Die Frau ohne Schatten“ von Strauss umjubelt gesungen hatte, wusste den gesamten Abend zu faszinieren.
Sei es mit romantischen Raritäten aus ihrer finnischen Heimat, etwa mit „Suutelo“ („Ein Kuss“) und dem impressionistischen „Sinipiika“ („Die Waldmaid“) beides von Tolvo Kuula, einem Schüler von Jean Sibelius oder auch mit „Solsken“ („Sonnenschein“) von Armas Järnefelt, das der Natur huldigt. Sei es mit dem Liederzyklus „Frauenliebe und Leben“ von Robert Schumann, den dieser liebevoll seiner Braut Clara gewidmet hatte. Oder sei es mit ausgewählten Liedern von Johannes Brahms, bei denen besonders „Unbewegte, laue Luft“ gefiel.
All dies sang die Ausnahmesängerin mit blühendem, ja mädchenhaftem Sopran. Ergreifend innig aber auch expressiv je nach Stimmung war ihr Ausdruck, absolut ihre Tonreinheit. Beeindruckend war ihr Reichtum an Farben und Nuancen, ihre große Textverständlichkeit und ihre fabelhafte Phrasierung: Schlichtweg ein Genuss!
Und dazu saß am Klavier einer der besten und versiertesten Liedbegleiter: Helmut Deutsch, immer mitatmend und einfühlsam und kongenial begleitend.
Zwei Zugaben: Ein finnisches Lied und eines von Gustav Mahler!
Stehende Ovationen!
Dr. Helmut Christian Mayer
26. November 2019 | Drucken
Kommentare