„The Indian Queen” von Henry Purcell konzertant bei den Salzburger Festspielen: Musikalisch reich schattierte Emotionen

Xl_indian_queen-marco-borrelli-salzburg-7-23 © Marco Borelli

Ziemlich bizarr und haarsträubend ist Handlung von „The Indian Queen“, einem populären Schauspiel von John Dryden und Robert Howard aus dem 17. Jahrhundert, das Henry Purcell 1695 als unvollendet gebliebene Semi-opera vertonte, also als Schauspiel mit einem beträchtlichen Anteil an Musik. Darin geht es um fiktive Konflikte und unwahrscheinliche Handlungen zwischen Azteken und Inkas zur Erbauung des damaligen Publikums. Deshalb kreierte der bekannte Regisseur Peter Sellars schon 2013 eine neue Fassung, die jetzt bei den Salzburger Festspielen in der Felsenreitschule aufgeführt wurde. Dabei verwendete erAusschnitte aus einem Roman „La niña blanca y los pájaros sin pies“ (Das weiße Mädchen und die Vögel ohne Füße) der nicaraguanischen Autorin Rosario Aguilar und lässt die Geschichte der spanischen Eroberung Mittelamerikas aus der Perspektive dreier Frauen erzählen wodurch der Geschichte ein aktueller Bezug gegeben wird: Die „Indianerkönigin“ ist hier die Tochter eines Maya-Häuptlings, die einem Conquistador als Konkubine gegeben wird, damit sie für ihr Volk spioniert. Sie verliebt sich in ihn und schenkt ihm Kinder, muss aber schließlich erkennen, dass ihre Hoffnung, er würde sich zugunsten der Liebe von Eroberungswut und Zerstörung abkehren, vergeblich war.

Dieser teils recht ausufernde Text wird zudem von der Sprecherin Amira Casar in englischer Sparche sehr pathetisch und teils überzogen vorgetragen.

Da die Original-Partitur nur 50 Minuten Dauer aufweist, ergänzten Sellars und der Dirigent Teodor Currentzis diese mit expressiven Liedern, Arien und sakralen Chören von Purcell, sodass die Aufführung ohne Pause 3 Stunden dauerte. Auch hier hätte eine Straffung gutgetan. Die Musik von Purcell hat hingegen nichts an Power und Emotionalität verloren und wird vom meist stehenden Utopia Orchester unter Currentzis mit großer Stilsicherheit und Vitalität sowie wieder unter extremer Ausreizung der Dynamik aufgeführt, von kaum hörbaren Passagen bis zu wilden Ausbrüchen.

Exquisit ist auch das Sängerensemble, das mehr als nur andeutungsweise agiert: Mit der hochemotionalen Jeanine De Bique in der Titelrolle (Teculihuatzin/Dona Luisa) an der Spitze. Beeindruckend auch die feinsinnige Rachel Redmond (Dona Isabel), der wunderbar lyrische Tenor des Julian Prégardien (Don Pedrarias Dávila), der kernige Bariton des Jarret Ott  (Don Pedro de Alavardo) der mächtige Bass von Andrey Nemzer (Ixbalanqué). Auch exzellent: Dennis Orellana und Nicholas Newton in kleineren Rollen. Der Utopia Chor, teilweise mitten im Orchester situiert, singt reich schattiert und homogen.

Nach Momenten der Ergriffenheit gab es stehende Ovationen des begeisterten Publikums!

Dr.Helmut Christian Mayer

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