Von Anfang an gilt das Interesse dem Mann am Pult. Und bald ist klar, mit dem Engagement von Jader Bignamini hat das Stadttheater Klagenfurt einen Glücksgriff getan. Mit präziser, wenn nötig energischer Zeichengebung, weiß der 43-jährige Italiener aufwühlende, spannende Momente sowie viele subtile, fassettenreiche Zwischentöne und feinste Lyrismen beim Kärntner Sinfonieorchester zu erzielen. Sein Dirigat ist auch sehr sängerfreundlich. Und so entsteht eine außergewöhnliche Symbiose mit viel Gefühl und Wärme, die die Opernpremiere von Peter Iljitsch Tschaikowskis „Eugen Onegin“ am Stadttheater Klagenfurt zu einem großen musikalischen und vom Publikum umjubelten Erfolg werden lässt.
Dazu wurden überwiegend junge, außergewöhnliche Sänger engagiert, wie die erst 25-jährige Georgierin Tamuna Gochashvili als Tatjana. Sie besticht mit vielen feinen und leisen Zwischentönen und einem herrlich blühenden Sopran. Besonders die „Briefszene“, gelingt ihr trefflich. Glaubhaft und detailreich ist auch ihre Wandlung vom schüchternen, verzweifelten Mädchen zur souveränen, edlen Fürstin. Als dandyhafter Titelheld ist der Moldawier Adrian Timpau mit warmem Edeltimbre und kraftvollem Bariton zu vernehmen. Der Weißrusse Pavel Petrov, Ensemblemitglied am Grazer Opernhaus, singt mit schönem, lyrischem Tenor, einen höhensicheren Lenski. Vor allem seine große Abschiedsarie „Kuda, kuda…“ vor dem todbringenden Duell berührt ungemein. Er spielt die Figur des sensiblen Dichters zuerst liebenswert, dann voll brennender Eifersucht und schließlich verzweifelt. Mit allen Tiefen und großer Würde ist der Ukrainer Taras Berezhansky ein sehr junger Fürst Gremin. Weniger wohltönend und mit eigenwilligem Timbre hört man Aytaj Shikhalizada als Olga. Der Klagenfurter Thomas Tischlerbesticht als Triquet mit seiner einzigen wunderbaren Arie. Die übrigen kleineren Partien, wie Christa Ratzenböck als Gutsbesitzerin Larina, Vera Egorova als Amme und Taras Kuzmych in mehreren Rollen sind rollendeckend besetzt. Und einen gut singenden, homogenen Chor und Extrachor des Stadttheaters (Einstudierung: Günter Wallner), der in ungelenk wirkenden Choreographien (Lukas Zuschlag) anstelle eines richtigen Balletts beim Walzer, der Polonaise und der Mazurka tanzen muss, hört man auch.
Kahle, fallweise durch die Drehbühne sich bewegende Baumstämme, ein Holzhäuschen sowie ein halbrunder Raum im letzten Akt (Bühnenbild: Stéphane Laimé und Karoline Bierner) beherrschen die Bühne. Sehr reduziert aber verständlich ist die Regie des gesundheitlich angeschlagen wirkenden Dieter Giesing, die unter überwiegender Mitarbeit des Hausdramaturgen Markus Hänsel zustande gekommen ist. Klar und detailliert in eigenwilligen, teils bizarren Kostümen (Daniel Nunez Adinolfi und Fred Fenner) werden die vom Komponisten so benannten „Lyrischen Szenen“, die auf einem Roman von Alexander Puschkin basieren, als berührendes Seelendrama, wo auch Melancholie und Symbolik nicht zu kurz kommen, erzählt.
Der Schlussapplaus fiel frenetisch aus.
Dr. Helmut Christian Mayer
20. Dezember 2019 | Drucken
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