„Venus in Seide“ von Robert Stolz: Versuchte Wiederbelebung einer Rarität in Graz

Xl_venus_in_seide-raimondi-orescanin-koziorowski-oellinger-c_kmetitsch-graz-3-24-2 © Werner Kmetitsch

Es ist fast nicht zu glauben, aber an die fünfzig (!)  Bühnenwerke hat Robert Stolz komponiert. Doch die meisten sind völlig unbekannte Raritäten und werden heutzutage kaum bis nie aufgeführt. So auch „Venus in Seide“, dessen Uraufführung 1932 in Zürich stattfand und letztmalig in Graz zum 90. Geburtstag des Komponisten im Jahre 1970 gezeigt wurde. Dies und weil der Komponist gebürtiger Grazer ist, waren wohl die Gründe, die Operette nach 54 Jahren wieder einmal auf den Spielplan des Grazer Opernhauses zu setzen. Aber es ist mehr als fraglich, ob damit eine Stolz-Renaissance eingeleitet werden kann.

Denn ziemlich skurril, ja regelrecht sonderbar kompliziert ist die Handlung, bei der es um Habgier, Liebe und Sehnsucht geht, die Regeln einer bürgerlichen Welt zu durchbrechen. Da geschehen viele Verwechslungen und Verwirrungen um eine Schlossherrin, einen falschen und echten Räuberhauptmann, die aber letztlich doch zu einem Happyend führen.Regisseur Dirk Schmeding zeigt das Stück wie eine bunte Revue augenzwinkernd, teils bewusst überzogen mit einem hinreißenden Tanzensemble (Choreographie: Seans Stephens) und insgesamt viel Action und erheblichem Aufwand. So sind bunte Projektionen, Glitzerkugeln, schrille Kostüme (Frank Lichtenberg), ein bloß mit Eisenstäben angedeutetes Schloss (Bühne: Martina Segna), ein Freiluftpissoir zu sehen und zuletzt eine Räuberbande (anstelle von „Zigeunern“) als Rocker zu sehen.

Musikalisch ist von Foxtrott über Walzer bis Csárdás, ein wilder Stilmix bei diesem anachronistisch wirkenden Werk zu hören, das stark von Emmerich Kálmán beeinflusst wirkt. Es beinhaltet sowohl Elemente der Wiener aber auch der Berliner Operette, dem zweiten Wohnsitz von Stolz. Marius Burkert am Pult der Grazer Philharmoniker hat eine teils etwas vergröberte Sicht auf das Werk, vor allem bei den recht zackigen Märschen mit Blechbläserdominanz. Überwiegend ist aber viel Schwungvolles und Schmissiges zu vernehmen.

Getragen wird der Abend von einem sehr spielfreudigen und auch sängerisch qualitätsvollen Ensemble, die alle elektronisch verstärkt sind.  Bei diesem stechen vor allen Sieglinde Feldhofer als Fürstin Jadja Palotay mit schlankem, höhensicherem Sopran wie auch Matthias Koziorowski als falscher Räuberhauptmann aber rechtmäßiger Schlossbesitzer Graf Teleki mit feinem Tenor hervor. Ferry Öllinger ist als witziger Baron Vilmos Oroszy in einer Sprechrolle zu erleben. Ildikó Raimondi  ist dessen schönstimmige Schwester Mizzi, die auf den feigen Dragonerleutnant Ladislaus, gut verkörpert von Ivan Orescanin, ein Auge geworfen hat. Der echte Räuber Rosza Sandor wird von Sandy Lopcic recht gewitzt dargestellt. Der Chor der Grazer Oper (Einstudierung: Johannes Köhler) singt klangschön und ausgewogen.

Das Publikum jubelte!

Dr. Helmut Christian Mayer

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