Eigentlich ist es schwer nachvollziehbar, warum Giuseppe Verdis „Luisa Miller“ auf unseren Opernbühnen so selten zu erleben ist. (Letzten Sommer wurde die Oper konzertant bei den Salzburger Festspielen und 2015 am Opernhaus Graz szenisch aufgeführt). Denn einerseits wurde das Ränkespiel, das auf Schillers „Kabale und Liebe“basiert, von Salvatore Cammarano theatralisch effektvoll in ein Libretto gegossen wurde. Und andererseits hat Verdi dieses Werk des Übergangs, am Ende seiner selbst so bezeichneten Galeerenjahre (UA Neapel 1849) und 15 Monate vor seinem „Rigoletto“ in wunderbar melodiöse, lyrische aber auch glutvolle Musik verpackt.
Das Werk wirkt naturgemäß dann ganz besonders, wenn es überwiegend hochwertig interpretiert wird wie jetzt am Opernhaus von Ljubljana/Laibach: Allen voran singt Jenish Ysmanov den Rodolfo mit einem wunderbar klingenden und exzellent geführten Tenor mit viel Schmelz. Besonders begeistern kann er mit seiner Paradearie „Quando le sere al placido“. In der Titelrolle erlebt man Elvira Hasanagic mit farbenreichem, koloratursicherem Sopran aber auch gelegentlichen schrillen Höhen. Elena Dobravec singt Luisas weibliche Rivalin um die Gunst des Grafensohns Federica klangschön. Nicht unbedingt mit nobelster Gesangskultur aber mit angenehm klingendem Bariton gestaltet Jure Pockaj den Miller, Luisas Vater. Fast ohne irgendeiner Aktion, sehr steif, stimmlich recht eindimensional und nicht immer intonationssicher singt Juan Vasle den Grafen Walter. Sasa Cano ist kein intrigantischer, dafür ein umso bösartiger und brutaler Wurm mit kraftvollem Bass. In der kleinen Partie der Laura fällt auch noch Dunja Spruk mit ihrem feinen Sopran besonders auf. Sehr homogen und feinsinnig singt der Chor des Opernhauses von Ljubljana/Laibach (Einstudierung: Zeljka Ulcnik Remic).
Anfänglich nicht immer eines Sinnes im Zusammenspiel und nicht mit dem nötigen Feinschliff aber speziell im zweiten Teil dramatisch sehr akzentuiert versteht es Dirigent David Svec im Orchester der Oper von Laibach/Ljubljana bei ausgereizter Dynamik viele spannungsvolle Momente zu erzeugen.
Vor einem halbrunden, in verschiedenen Farben ausgeleuchteten Horizont, auf fast leergeräumter Bühne (Bühne: Rudolf Rischer) mit nur einigen Stühlen, einem Tisch und einem roten Teppich, in historisierten Kostümen und Trachtendirndln (Kostüme: Bettina Richter) lässt Altmeister Lutz Hochstraate die wegen der damaligen Zensur in den Tiroler Bergen stattfindende Geschichte in einem Labyrinth von Lug und Trug, Sein und Schein sehr reduziert und klar erzählt ablaufen. Nichts verfremdet die tragische Geschichte der nicht standesmäßigen Liebe zwischen den beiden, die von einer gemeinen Intrige ausgelöscht wird. Während anfänglich noch die Statik regiert und wenig Interaktion zu erkennen ist, packt der zweite Teil umso mehr durch intensives Spiel, insbesondere beim tödlichen Finale.
Viel Applaus!
Dr. Helmut Christian Mayer
04. März 2020 | Drucken
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