Villach: Eröffnungskonzert des Carinthischen Sommers - Musikalisch ganz in Frauenhand

Xl_eisendle-carniero-rso-cs-villach-7-24 © Helmut Christian Mayer

Es war diesmal ein Eröffnungskonzert der ganz anderen Art: Denn unter dem Motto „Viva la Musica!“ waren nicht nur überwiegend unbekannte Kompositionen zu hören, sondern auch ausschließlich Tonschöpfungen von Frauen, noch dazu von einer Pianistin interpretiert und mit einer Dirigentin am Pult. Mit diesem außergewöhnlichen Konzert mit Frauenschwerpunkt wurde der diesjährige Carinthische Sommer (CS) unter der neuen Intendanz von Nadja Kayali im Congress Center Villach eröffnet.

Und es gibt ein Festival Orchester: Das ORF Radio -Symphonieorchester Wien, das auch das finale Konzert am 4.8. bestreiten wird. Und weil das Orchester bekanntlich auch auf zeitgenössische Musik spezialisiert ist, gab es gleich eine erfolgreiche Uraufführung, ein Kompositionsauftrag des CS und des RSO, von der in Wien geborenen, bereits erfolgreichen 31-jährigen Hannah Eisendle, derzeit am Stadttheater Klagenfurt als Korrepetitorin und Kapellmeisterin tätig. „Azinheira“: Der portugiesische Titel bedeutet Steineiche, ein Baum, der im hitzereichen Südportugal die seltene Gelegenheit auf Schatten bietet. Eisendle nimmt sie als Metapher für die Transformation vom Alleingang durch die Zeiten der Unterdrückung ins solidarische Miteinander. Ausgangspunkt für das dreiteilige Stück ist eine Motivzeile des Liedes Grandola, vila morena, (Grandola, braungebrannte Stadt), eine Hymne der antifaschistischen Bewegung der sogenannten Nelkenrevolution aus 1974. Dieses Lied wurde vor dem eigentlichen Stück von den grandiosen und bejubelten Gitarristen José Manuel Neto und Ivan Ricardo Cardoso vorgestellt. Dann wurde das Motiv des Liedes vom Orchester in Klangflächen überführt und endete in erschöpfter Euphorie. Das mäßig moderne, effektvolle, kurze Stück zeichnet sich durch klangvolle Plastizität aus. Es wurde vom Orchester hochkonzentriert musiziert. Viel Jubel für die Komponistin!

Mit einer reichen Palette an Nuancen wie auch mit hoher Präzision konnten die Musikerinnen und Musiker unter dem stets animierenden Dirigat der Portugiesin Joana Carneiro auch bei den weiteren Stücken punkten: Nicht nur Gatte Robert schuf ein Klavierkonzert in a-Moll, sondern auch Clara Schumann. Claire Huangci wusste dieses tiefromantische Stück mit etwas zu viel gestischer Theatralik aber höchster Virtuosität, reicher Differenzierungskunst und tiefem Ausdruck zu spielen. Besonders der zweite Satz, ein Zwiegespräch von Klavier und Cello geriet traumhaft schön. Technisch brillieren konnte die amerikanische Pianistin ebenso mit der extrem virtuosen Zugabe, dem 4. Satz einer Sonate von Samuel Barber, die direkt in den Jubel des Publikums mündete.

Zuvor erklang noch die Ouvertüre in C-Dur von Fanny Hensel, der Schwester von Felix Mendelssohn-Bartholdy und zum Finale die 3. Symphonie von Louise Farrenc, ein eher dahinschnurrendes Stück, das sehr an Beethoven und Mendelssohn erinnerte. Großer Jubel beim Publikum, darunter eine Reihe von Ehrengästen, mit dem Herrn Bundespräsidenten Alexander van der Bellen, der auch zuvor die Eröffnung vornahm, sowie Landeshauptmann Peter Kaiser an der Spitze.

Dr. Helmut Christian Mayer

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