Wagners "Rheingold“ an der Wiener Staatsoper: Gediegene Wiederaufnahme

Xl_rheingold-_behle-_lundgren-fotoashleytaylor-wien-5-22 © Ashley Taylor

„Umtriebig und listig ist er mit seinen langen, feuerroten Haaren aber auch manchmal schmierig, manchmal unterwürfig, manchmal zeigt er dem obersten Gott nicht nur mit Worten, sondern sogar Gesten auch ganz klar, was zu tun wäre: Daniel Behle ist ein toller Loge. Der gefeierte Mozarttenor gefällt auch als Charaktertenor, den er mit Geschmeidigkeit und Spielfreude aber auch mit allen gewünschten, auch höchsten Tönen ausführt. In seiner Inszenierung aus 2009 von Richard Wagners „Das Rheingold“, das jetzt an der Wiener Staatsoper als Auftakt zum kompletten „Ring des Nibelungen“ wiederaufgenommen wurde, betont Sven-Eric Bechtolf die Drahtzieherrolle des Feuergottes. Aber da gibt es einen ebenbürtigen Gegenspieler: Jochen Schmeckenbecher ist ein geiler, machtgieriger und durch und durch böser und zudem stimmgewaltiger Alberich von unheimlicher Bühnenpräsenz und ebensolcher Stimme vor allem in der packenden Fluchszene. Aber auch sonst weiß der deutsche Regisseur alle Figuren detailreich zu führen, wenngleich man sich im szenischen Bereich etwas mehr Phantasie, etwas mehr Deutung und weniger Nüchternheit gewünscht hätte. Denn extrem karg und minimalistisch ist die Bühne mit den wallenden Tüchern in den Tiefen des Rheins zu Beginn und den blockartigen Steinen bei den Göttern, wie auch Walhall nur als unscharfer Regenbogen angedeutet wird.

Auch sonst gibt es viele neue Sänger, fast alle mit Rollendebüts an der Wiener Staatsoper: Monika Bohinec ist eine beeindruckend kraftvolle Fricka, schönstimmig erlebt man Erik Van Heyningen als Donner, hell und sicher ist der Froh des Daniel Jenz zu hören. Regine Hangler ist eine wunderbar lyrische Freia. Die Riesen Artyom Wasnetsov und Dmitry Belosselskiy sind recht bedrohlich, könnten aber etwas stimmgewaltiger sein. Jörg Schneider gibt einen idealen, sehr gequälten und sehr beweglichen Mime. Es überzeugen auch die makellos singenden Rheintöchter mit Joanna Kedzior, Patricia Nolz und Stephanie Maitland. Noa Beinart singt die Erda mit toller Präsenz und jugendlicher Stimme.Die einzige Schwachstelle ist John Lundgren als Wotan. Es fehlt ihm an Kraft und „göttlicher“ Präsenz, auch neigt er fallweise dazu, die Töne zu sehr anzuschleifen.

Kammermusikalisch transparent, mit subtilen Piani, differenziert aber auch mit Steigerungen und Eruptionen, die jedoch durchaus spannungsgeladener sein hätten können, wie auch reich an Klangfarben sowie immer sängerfreundlich kann man den Vorabend des „Ring des Nibelungen“ im Orchester der Wiener Staatsoper unter Axel Kober erleben.

Am Ende spendet das Publikum viel Applaus und jubelt, der Wotan wurde allerdings ausgebuht!

Dr. Helmut Christian Mayer

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