Selten erlebt man so makellose „Hojotoho“ Rufe wie von Iréne Theorin als Rollendebütantin an der Wiener Staatsoper bei der Wiederaufnahme von Richard Wagners „Die Walküre“. Sie ist die neue, durchschlagskräftige Brünnhilde mit ungefährdeten Spitzentönen. Im Finale berührt sie mit großem poetischen Ausdruck und innigem Spiel. Gemeinsam mit dem „Wotan vom Dienst“ Tomasz Konieczny beschert sie uns dabei auch szenisch, großes Musiktheater. Dieser war scheinbar nicht in optimaler Verfassung angetreten, worauf die sich im Laufe des Abends mehrenden Huster schließen ließen. Nie Meister einer vorbildlichen deutschen Diktion, weiß er trotz seiner bekannten Vokalverfärbungen und einiger rhythmischer Eigenwilligkeiten aber doch mit weichen aber machtvollen Tönen besonders in seiner Abschiedsszene zu faszinieren, die ja zu den größten, musikdramatischen Momenten in Wagners Schaffen zählt. #
Simone Schneider zum ersten Mal überhaupt am Haus überrascht als Sieglinde mit blühendem, schlanken Sopran. Sie ist der Inbegriff der Wagnerschen Liebenden und singt die Partie mit geschmeidiger Stimme, intensiv bis an die Grenze des Möglichen gehend ohne je forcieren zu müssen. Christopher Ventris ist ein schönstimmiger und fast immer durchschlagskräftiger Siegmund mit guten „Wälsungen“-Rufen und fallweise etwas Englisch gefärbter Aussprache. Fricka ist die für diese Rolle mit optimaler Stimmfärbung ausgestattete Michaela Schuster, gegen die der Göttergatte aber rein gar nichts auszurichten hat. Jongmin Park ist ein machtvoller Hunding, vor dem man sich aber mehr Fürchten sollte. Er singt ihn mit schwarzem Bass. Die Walküren sind ohne Furcht und Tadel und uneingeschränkt gut.
Obwohl nicht alles perfekt gelingt, erklingt immer wieder Wunderbares aus dem Graben: Denn ungemein subtil, mit feinen Nuancen wird hier musiziert. Adam Fischer atmet aber auch immer mit dem Duktus dieser herrlichen Musik. Mit meist zurückhaltender Zeichengebung lässt er den Musikern des Orchesters der Wiener Staatsoper durchaus Freiraum, die diesen zu herrlichen, lyrischen Momenten aber auch zu großen Klangsteigerungen nutzen. So werden packende Aktabschlüsse und weiträumige Spannungsbögen erzeugt, dabei immer die nötige Transparenz bewahrt und die Sänger fast nie zugedeckt.
Sven - Eric Bechtholfs Regie aus 2007 ist unspektakulär. Ohne sich auf politische oder mythologische Deutungen einzulassen, beschränkt er sich einfach darauf, die Gefühle und Beziehungen der Protagonisten in einem kargen Einheitsraum von zweifelhafter Ästhetik (Bühne: Rolf Glittenberg) ohne Angabe einer Zeit und eines Ortes zu erzählen. So gelingt es ihm bei Wotans Abschied von seiner Lieblingswalküre, die auch musikalisch durch sensible Piani zu einem Ereignis wird, ergreifende, tiefe zwischenmenschliche Emotionen zu erzeugen. Spektakulär gelingt mittels Videoeinspielungen auch der finale „Feuerzauber“. Unnötig aufgemotzt wird die Szene jedoch von kleinen Eisenbettchen, Kinderspielzeug oder im Hintergrund vorbeiwandernden Videowölfen oder einem in einem Tuch eingewickelten, toten weißen Wolf. Wie auch der Walkürenritt zu einem lächerlichen Fangenspiel zwischen Kapuzenmännern und blutbefleckten Megären mitten unter Holzpferden degradiert wird.
Zum Finale gab es riesigen Jubel für alle.
10. April 2018 | Drucken
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