Viele hatten dem Rollendebüt von Anna Netrebko als „Ariadne auf Naxos“ jetzt im Jänner 2025 an der Wiener Staatsoper entgegengefiebert. Die russische Starsopranistin sagte jedoch wegen „mangelnder Vorbereitungszeit“ kurzfristig ab und so kam Lise Davidsen zum Zug, die die Partie in dieser Inszenierung hier im Haus am Ring schon mehrfach gesungen hat. Und die groß gewachsene, gebürtige Norwegerin weiß in der Titelrolle blühende Bögen und reiche Schattierungen zu formen sowie betörenden Schöngesang zu verströmen. Aber auch sonst vermag dieser eigenartige aber reizvolle Zwitter aus ernster und komischer Oper aus der Feder des kongeniales Paares Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal sängerisch mit hoher Qualität zu gefallen: Die Spanierin Sarah Blanch singt bei ihrem Rollendebüt an der Wiener Staatsoper die extrem fordernde Partie der Zerbinetta anfänglich etwas zurückhaltend aber dann mit großer Flexibilität und speziell in ihrer Paradearie mit einem Feuerwerk an perfekten Koloraturen. „Musik ist eine heilige Kunst“: Mit innigen, feingeschliffenen Tönen fasziniert Kate Lindsey wieder als Komponist. Adrian Eröd bewährt sich an seinem Stammhaus wieder einmal als schönstimmiger Musiklehrer. Selbst bei dem international erfolgreichen und gefragten Heldentenor Michael Spyres merkt man wie diffizil die Partie des Bacchus ist, denn nicht ganz mühelos sind einige seiner Spitzentöne. Aber er singt ihn immer mit tiefem, gefühlvollem Ausdruck. Bernhard Schir ist bei seinem Staatsoperndebüt ein ungemein distinguierter Haushofmeister, er könnte ihn jedoch noch viel arroganter gestalten. Auch die vielen kleineren Rollen sind sehr gut besetzt, bei denen Thomas Ebenstein als Tanzmeister und Jusung Gabriel Park als Harlekin besonders herausragen. Aber auch Andrea Giovannini( Scaramuccio), Simonas Strazdas (Truffaldin), Daniel Jenz (Brighella) aber auch die drei Nymphen (Florina Ilie, Daria Sushkova und Ileana Tonca) gefallen.
Cornelius Meister lässt das Orchester der Wiener Staatsoper immer durchsichtig, teils mit recht straffen Tempi, nur selten die Sänger zudeckend, musizieren. Es sind meist delikates Raffinement und effektvoll aufrauschende, schwärmerische Klänge zu hören.
Sven-Erich Bechtolfs Inszenierung im ästhetischen Jugendstilsalon bleibt immer dezent am Herzschlag der Handlung. Das Vorspiel, ebenso wie die Buffoszenen der Oper werden nicht von Lebendigkeit dominiert, denn Bechtolf sind das subtile Herausarbeiten der Charaktere und ihre Beziehungen zueinander wie auch die feine Ironie wichtiger. Die „Oper“ selbst, vom reichsten Mann von Wien samt Gefolge von ansteigenden Stuhlreihen wie in einem kleinen Theater beobachtet, mit den drei zerlegten Klavieren, die die „wüste Insel“ versinnbildlichen, verströmt morbide Ruhe, unterbrochen von den buntscheckigen Komödianten, die mit Tretrollern herumsausen.
Großer Jubel im begeisterten Publikum!
Dr. Helmut Christian Mayer
23. Januar 2025 | Drucken
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