Zu wenig Schwung, Charme und Humor: Strauß "Zigeunerbaron" an der Wiener Volksoper

Xl_zigeunerbaron-wien-2-20-1 © Barbara Pálffy

Zu wenig Schwung, Charme und Humor

Wien: „Zigeunerbaron“ von Johann Strauß Sohn an der Volksoper

Hoch gesteckt waren die Erwartungen. Denn mit Paul Linckes „Frau Luna“, Ralph Benatzkys „Im Weißen Rössl“ und Emmerichs Kálmáns „Die Csárdásfürstin“ hat Peter Lund der Wiener Volksoper in der Vergangenheit drei erfolgreiche Produktionen beschert. Doch Johann Strauß „Der Zigeunerbaron“, der neben der „Der Fledermaus“ der größte Bühnenerfolg von Johann Strauß wurde und ein Hybrid zwischen Operette und Oper ist, ist eine sehr schwierig zu inszenierende Operette, sowohl von der Thematik als auch vom Inhalt her. Für letzteres hat der deutsche Regisseur eine neue Textfassung kreiert, wobei er die Zigeuner sich in ausgewählten Momenten in ihrer Sprache „Romanes“ unterhalten lässt. Lund nimmt die Geschichte rund um die Zigeunerin Saffi, den mittellosen Barinkay und den nur auf seinen Vorteil bedachten, abgedrehten Schweinezüchter Zsupán in Zeiten von Political Correctness allzu ernst - wie wohl die Zigeuner vom Plot her eigentlich eh immer die Guten sind. Zudem stülpt er über alles noch eine unnötige Rahmengeschichte, eine Art Theater im Theater-Situation mit dem Conte Carnero als Impresario. Ferner bedient er sich immer wieder eigenartiger Projektionen, etwa einer Türkenbelagerung von Wien schon bei der Ouvertüre, in der auch der gleich der Zigeunerchor integriert ist. In einer drehbaren, turmartigen Ruine (Bühnenbild: Ulrike Reinhard), in teils überzogenen, grellen Kostümen in einem völligen Stilmix (Kostüme: Daria Kornysheva), die im letzten Akt in den Kitsch abgleiten. Leider bleibt dabei bei viel zu viel Statik auf der Bühne auch der Humor, der Charme und die gewünschte, erfrischende Heiterkeit viel zu kurz.

Auch musikalisch kann man nicht wirklich überzeugen. Denn das Orchester der Wiener Volkskoper unter Alfred Eschwé, der eigentlich als ein sehr erfahrener und ausgewiesener Operettenspezialist gilt, musiziert die anschmiegsamen Walzerklänge und die feurige Csárdásmusik zwar durchaus mit klangschönen Momenten aber es fehlt immer wieder an mitreißendem Schwung und an Tempo, dafür mangelt es teilweise nicht an überzogener Lautstärke.

Nur Mittelmaß herrscht leider bei den Sängern vor: Lucian Krasznec verfügt als Sándor Bárinkay über einen schönen aber viel zu kleinen Tenor. Bei Kristiane Kaiser als Zigeunermädchen Saffi hört man innige aber auch vibratoreiche Töne, speziell in der Höhe. Der ehemals großartige Opernbass Kurt Rydl als reicher Schweinezüchter Kálmán Zsupán verfügt zwar immer noch über eine enorme Bühnenpräsenz, hat aber seinen stimmlichen Zenit schon weit überschritten und poltert stimmlich mit herausgeschleuderten Tönen und viel Tremolo. Etwas schrill und spitz singt Anita Götz in einem unsäglichen Puppenkleid die Arsena, seine Tochter. Regula Rosin als ihre Erzieherin Mirabella übt sich meist in Sprechgesang, David Sitka als Arsenas geliebter Ottokar auf der Habenseite hingegen in schönen tenoralen Tönen. Ebenfalls positiv weiß Martina Mikelić als Zigeunerin Czipra mit kraftvollem Mezzosopran zu beeindrucken. Boris Eder ist ein ziemlich humorloser Conte Carnero. Marco Di Sapia singt einen blassen Graf Peter Homonay. Sehr gut war hingegen der Chor des der Wiener Volksoper, dessen Einstudierung Thomas Böttcher durchführte, zu vernehmen.

Trotzdem Jubel!

Dr. Helmut Christian Mayer

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