Francesco Meli und Maria Agresta in der Scala: Wunderbare Liebesduette und mehr

Xl_meli-agresta-scala-3-21-1 © Teatro alla Scala

 “Già nella notte densa..” („Nun in der nächt‘gen Stille“): Mit diesen Worten beginnt nach seiner Rückkehr das Liebesduett von Otello und Desdemona am Ende des ersten Aktes aus Giuseppe Verdis „Otello“, sicher eines der schönsten und bedeutendsten Liebesduette der gesamten Opernliteratur. Und es wirkt umso mehr, wenn es so berührend und innig gesungen wird, wie von Francesco Meli und Maria Agresta bei ihrem Arienabend in der Scala di Milano, der jetzt auf Grund der Pandemie ohne Publikum aufgeführt und live gestreamt wurde. Die beiden glänzten aber auch bei weiteren Liebesduetten wie „Tu, tu, amore? Tu?!“ aus Giacomo Puccinis „Manon Lescaut“, und auch bei „Ecco altare“ aus Umberto Giordanos Oper „Andrea Chénier“.

Francesco Meli war in Topform und gefiel mit viel Schmelz und feinsten Piani wie auch mit hochdramatischen Ausbrüchen, perfekter Phrasierung und absoluter Höhensicherheit mit der Arie “O magnanima… La pia materna mano…“ aus der selten aufgeführten Oper La battaglia di Legnano“ ebenfalls von Verdi und mit „Dio mi potevi scagliar“ aus „Otello“

Aus ebendieser Oper sang Maria Agresta ungemein empfindsam das Lied von der Weide („Canzone del salice“) und das berühmte „Ave Maria“ voll von dunklen Todesahnungen sowie „Ebben? Ne andrò lontana“ aus Alfredo Catalanis Oper „La Wally”. Ihr schön geführter, nur manchmal in der extremen Höhe etwas scharf klingender Sopran bestach mit wunderbarem Legato und vielen Farben.

Begleitet wurden beide dabei gekonnt vom Orchester der Mailänder Scala unter dem sehr umsichtigen Nicola Luisotti, der ebenso wie alle Musikerinnen und Musikern außer den Bläsern mit Mund-Nasen-Schutz agierten und die im leeren Parkett des traditionsreichen Opernhauses saßen. Der italienische Maestro wusste dabei mit viel gestischem Engagement den Musiker nuancenreiche, spannungsvolle aber auch empfindsame Töne zu entlocken und dabei die Sänger nie zuzudecken. Auch bei er „Sinfonia“ aus Verdis „Stiffelio“, wie auch beim Preludio aus der Opernrarität „Loreley“ von Alfredo Catalani konnte das Orchester seine außerordentlichen Qualitäten beweisen. Und zusätzlich gab es sogar etwas Zeitgenössisches: Ein Intermezzo aus „La Ciociare“ (englischer Titel: „Two Women“ oder deutscher Titel: „Die Frau aus Ciociara“) von Marco Tutino (Jahrgang 1954), der auch in der Pause vom Dirigenten zu diesem Werk interviewt wurde. Tutino ist zweifellos kein Neutöner, ist vielemehr bekennender Neoromantiker und komponiert in traditioneller Weise. Das Intermezzo selbst erwies sich als sehr gefälliges, absolut tonales, gut anhörbares, ja schwelgerisches  Stück, fast an Filmmusik gemahnend.

Dr. Helmut Christian Mayer

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