Grafenegg: Große Sommernachtsgala ohne großen Regen

Xl_sommernachtsgala-cutler-grigorian-capucon-grafenegg-6-23 © Helmut Christian Mayer

„Già nella notte densa” („Nun in der nächt‘gen Stille“): Mit diesen Worten beginnt das Duett von Otello und Desdemona am Ende des ersten Aktes aus Giuseppe Verdis „Otello“, sicher eines der schönsten und bedeutendsten Liebesduette der gesamten Opernliteratur. Und es wirkte umso mehr, wenn es so berührend gesungen wurde, wie von Asmik Grigorian und Eric Cutler in Grafenegg in Niederösterreich: Zweifellos der finale aber nicht einzige Höhepunkt der diesjährigen, schon traditionellen Sommernachtsgala, die vom ORF zeitversetzt übertragen und von Teresa Vogl charmant moderiert wurde. Dabei regnete es bis knapp vor Beginn. Aber dann hatte der Wettergott ein Einsehen, es wurde ein trockener aber kühler Abend und das Konzert konnte im Freien, im vollbesetzten Wolkenturm stattfinden.

Kühl ließ jedenfalls niemanden Asmik Grigorian, denn sie war in Topverfassung: Ihr wunderbar geführter Sopran bestach mit herrlichem Legato, vielen Farben und enormer Leidenschaft. Ungemein empfindsam sang sie auch die Arie an den Mond der Rusalka aus Antonín Dvořák gleichnamiger Oper wie auch Arien aus Opern von Giacomo Puccini, jene der Manon Lescaut „Solo, perduta, abbandonata“ und besonders zu Herzen gehend, jene der Madama Butterfly „Un bel dì vedremo“.

Eric Cutler gefiel nach anfänglicher Nervosität und leichten Unsicherheiten, mit feinen Piani wie auch mit hochdramatischen Ausbrüchen, Phrasierung und Höhensicherheit bei der sehr langsam musizierten Gralserzählung „In fernem Land“ aus der Oper „Lohengrin“ von Richard Wagner sowie bei den Arien des Rodrigue „O souverain, ô juge, ô père“ aus der Oper „Le Cid“ von Jules Massenet und „Vesti la ginubba“ des Canio aus der Oper „Pagliacci“ von Ruggero Leoncavallo.

Damit aber noch nicht genug spielte auch noch Starcellist Gautier Capuçon den 3. Satz des Cellokonzertes von Antonín Dvořák und den populären „Tanz der Ritter“ aus Sergej Prokofjews Ballett „Romeo und Julia“ (in einer eigenen Fassung von Jerome Ducros) mit hochvirtuosen aber auch ungemein weichen und einnehmenden Tönen.

Begleitet wurden die drei dabei vom gut disponierten Tonkünstler-Orchester Niederösterreich unter Yutaka Sado. Der Chefdirigent wusste den Musiker empfindsame, aber auch spannungsvolle Töne zu entlocken. Auch bei der Ouvertüre von Carl Maria von Webers Oper „Euryanthe“, beim etwas zu knallig musizierten Slawischen Tanz von Dvořák wie auch bei der „Sinfonia“ aus Verdis Oper „Un giorno di regno“ konnte das Orchester seine Qualitäten beweisen.

Und als dann als traditionelle Zugabe noch der Marsch Nr. 1 aus „Pomp and Circumstance“ von Edvard Elgar erklang, kannte der Jubel des Publikums mit viel Prominenz aus Politik wie auch Wirtschaft keine Grenzen. Für den langjährigen Intendanten Rudolf Buchbinder wieder ein großer Erfolg, der Appetit auf mehr in der kommenden Festivalsaison macht!        

Dr. Helmut Christian Mayer

 

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