Die US-amerikanische Sopranistin Heather Engebretson liebt Puccini und singt demnächst mit Netrebko
Das muss ihr erst einmal jemand nachmachen: 48 verschiedene Opernrollen, in 62 unterschiedlichen Produktionen, an 26 verschiedenen Theatern. Und dass, obwohl sie erst seit elf Jahren als Sängerin auf der Bühne steht und heuer erst 33 Jahre alt wurde. Zudem kommt noch eine erstaunliche Vielseitigkeit an unterschiedlichen Partien dazu. Denn Heather Engebretson startete als Koloratursopran mit Alter Musik mit Händel („Alcina“) und Mozart (Königin der Nacht aus „Zauberflöte“), bald kamen noch zahlreiche lyrische Partien wie etwa alle Frauenrollen aus Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen“, Puccinis „Madama Butterfly“, Micaela aus Bizets „Carmen“ dazu. Und zuletzt gab es bereits sehr erfolgreiche Ausflüge ins dramatische Fach (Elsa aus „Lohengrin“ von Wagner oder „Salome“ von Strauss). Und das alles an bekannten Opern- und Konzertbühnen wie Berlin, London, Mailand, Frankfurt, München, Mannheim, Hannover, Wiesbaden und Hamburg, um nur einige zu nennen. „Ich liebe diese Vielfalt“, so die in Alabama aufgewachsene Amerikanerin, deren Stimme immer wieder als Lirico spinto Sopran bezeichnet wird.
Wie so oft, war auch ihr die Musik quasi in die Wiege gelegt: Denn beide Eltern waren Pianisten. Der Vater Klavierprofessor, die Mutter unterrichtete an einer Kindermusikschule. So war es ganz klar, dass Heather auch ein Instrument lernen sollte. Die Wahl fiel auf die Geige, die sie ab dem 4. Lebensjahr zu lernen begann. Bedingt durch eine Verletzung, die das Geigenspiel beeinträchtigte, begann sie mit 14 Jahren ein Gesangsstudium, das sie nach Cleveland an der renommierten Juilliard School in New York bei Edith Wiens mit dem Master abschloss. „Auch noch heute sind sie und der bekannte Tenor Neil Shicoff meine großartigen Gesangslehrer.“
Als ihre bisherigen persönlichen Höhepunkte bezeichnet Heather ihre Auftritte als Händels „Alcina“ am Bolschoi Theater, sowie Puccinis „Madama Butterfly“ und vor allem „La Boheme“ in Berlin, wo sie ihren Mann, der damals den Rodolfo sang, kennen und lieben lernte.
Immer wieder singt sie Puccini, etwa auch die Liu, die sie demnächst wieder in Wiesbaden mit Anna Netrebko als Turandot singen wird. Jetzt gab sie mit „Manon Lescaut“ am Stadttheater Klagenfurt ihr Rollendebüt. „Ich liebe Puccini. Die Rolle der Manon, die ich sehr mag, ist recht fordernd. Ich habe auch das Buch von Abbé Prévost gelesen, das mich sehr beeindruckt hat. Für mich ist Manon irgendwie eine jüngere Schwester der Violetta aus „La Traviata“, die ich auch schon in Graz (Regie: Peter Konwitschny) gesungen habe. Beide wollen überleben. Manon ist hin und hergerissen zwischen wahrer Liebe zu Des Grieux und dem Luxusleben des alten Geronte. Insgesamt ist sie aber für mich zu wenig selbstbewusst.“ Heather, die den Ruf hat, auch eine ausdrucksstarke und intensive Schauspielerin („Das Spiel ist für mich ganz wichtig!“) zu sein, wird die Partie auf Wunsch des Regisseurs Igor Pison als trotziges Mädchen anlegen.
Nächste Pläne sind das Debüt als „Katja Kabanova“ in Leos Janaceks gleichnamiger Oper in Bielefeld sowie wieder die Elsa in Wagners „Lohengrin“ bei den Mai Festspielen in Wiesbaden an der Seite von Startenor Klaus Florian Vogt sowie die Gutrune in Wagners „Ring des Nibelungen“ in Basel.
„Meine absolute Wunschrolle wäre die „Rusalka“ von Dvorak. Außerdem würde ich die „Butterfly“ gerne noch viel öfters singen.“
Zur Person: Heather Engebretson, aufgewachsen in Tuscaloosa (Alabama), 33 Jahre alt, Studien an der Juilliard School in New York, zahlreiche Preise wie den ersten beim Savonlinna Opera Festival in Finnland oder den Sonderpreis beim Hans-Gabor Belvedere Wettbewerb. Sie wohnt mit ihrem Mann Gerard Schneider, einem österreichisch-australischen Tenor und ihrem Schäferhund in Frankfurt.
Dr.Helmut Christian Mayer
06. Dezember 2023 | Drucken
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